Samstag, 17. Oktober 2015

Rex non moritur – oder: die Verwaltung überlebt ihre Herrschaft


Die Selbstverständlichkeit einer Erbmonarchie ist unserem Bewusstsein fremd geworden. Die Habsburger in der Hofburg und in der Kapuzinergruft wurden zur gewinnbringenden Touristenattraktion.
Das verschwundene 1000-jährige Reich dagegen ist lebendige Geschichte, für die es noch Zeitzeugen gibt. Das 1.000-jährige Reich wird auch nie einer Franzl-Sisi-Romantik weichen. Das werden – zur Freude und Beruhigung aller – die umfassende Aufarbeitung und anhaltende Erinnerung verhindern. Und das ist gut so. Man soll sich seiner Geschichte im engeren und weiteren Sinn stellen und aus ihr lernen. Daher ist mM Vranitzkys Rede aus 1991 wichtig:
„Es gibt eine Mitverantwortung für das Leid, das zwar nicht Österreich als Staat, wohl aber Bürger dieses Landes über andere Menschen und Völker gebracht haben.“
„Wir bekennen uns zu allen Taten unserer Geschichte und zu den Taten aller Teile unseres Volkes, zu den guten wie zu den bösen; und so wie wir die guten für uns in Anspruch nehmen, haben wir uns für die bösen zu entschuldigen - bei den Überlebenden und bei den Nachkommen der Toten.“
Auch wenn eine Herrschaftsform durch eine andere übergangslos verdrängt wird, bleibt die Verwaltung (zumindest in Teilen) bestehen. Die Verwaltung ist zäh. Kein größeres Gemeinwesen kann ohne den Fortbestand einer gewissen Ordnung überleben. Rechnerisch konnte ein Beamter bis 1918 in einer Monarchie, später in einer Republik, dann in einer Diktatur und vielleicht seine letzten Jahre wieder in einer demokratischen Republik dienen (und herrschen?).
Daher war es nach 1945 unabdingbar, genau zu prüfen, welche Teile der Verwaltung des Nazi-Regimes als unreformierbar still gelegt werden müssen, um durch eine demokratische, humane Einrichtung ersetzt zu werden.

Eine wichtige staatliche Institution verweigert bis heute eine angemessene Aufarbeitung. Für sie gibt es nur eine zeitlich begrenzte Aufarbeitung, die mit 1945 (mit dem Ende der Hitler-Diktatur) endet. Zur Erinnerung an die Nazi-Gräueltaten - insbesondere von 1940 bis 1945 - wurde beispielsweise die Gedenkstätte Steinhof eingerichtet. Im Verborgenen bleibt, was mit den Kindern nach dem Sieg über Hitler geschah. Mir fehlen Bilder und Berichte, nach denen sie wie die KZ-Häftlinge befreit worden sind.
Mir fehlen überhaupt Bilder und Berichte, wie die Jugendwohlfahrt entnazifiert worden ist. Wurden alle Anstaltsleiter, die einmal mit Stolz und Treue dem Hakenkreuz die Ehre erwiesen haben, zur Verantwortung gezogen? Oder wenigstens ihres Postens enthoben?

Ich hatte das Glück in einer Familie aufwachsen zu dürfen. Für mich war Jugendwohlfahrt etwas Unbekanntes. Trotzdem hörte ich, dass Eltern schlimmen Kindern mit der „Fürsorge“ drohten. Später hatte ich beruflich (wenn auch nur selten) mit abgängigen Heimkindern zu tun. Aber allein die Antworten auf die Frage, wovon sie während ihrer Flucht aus dem Heim gelebt hätten, können nicht so leicht vergessen werden: „Für an Stich (Anm.; sexuelle Penetration) hab ich ATS 30,-- bekommen.“ Manche KINDER zählten ganze Leistungskataloge auf. Ich dachte mir damals nur: „Was müssen Kinder in Heimen erlebt haben, um aus ihnen in dieses Leben auf der Straße zu flüchten.“

Und hier endet mein Beitrag.
Ich hoffe, dass sich niemand erblödet und etwas von Kommissionen faseln.
Dafür ist das Thema zu ernst.

1 Kommentar:

  1. auszählreim

    kleines patscherl
    patsch, patsch, patsch
    jugendamt mit zucht und frust
    schluss mit liebe, aus mit lust
    ritalin - sei einmal still
    so wie ich dich haben will

    depperts patscherl
    patsch, patsch, patsch
    schule, lernen, rechnen, lesen
    das ist alles einst gewesen
    jetzt erkenne dein versagen
    kannst dich nicht ins leben wagen

    hinichs patscherl
    patsch, patsch, patsch
    ließt uns schalten, ließt uns walten
    hast recht brav und lang gehalten
    so ein kleines menschlein zart
    trifft`s mitunter wirklich hart

    drum ist oft ein früher tod
    ein gutes ende in der not

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