Samstag, 20. Oktober 2018

Mosers Justizreform


Die Gesellschaft lässt zu, dass die realen Probleme der Gegenwart mit fiktiven Fehlern der Vergangenheit zu einer virtuellen Welt verschmelzen, die zum Handyzeitalter passt. Wir kommunizieren mit Icons, wir denken in Icons; sofern das Wiedergeben von Worthülsen als Zeichen eines Denkvorgangs gewertet wird. Mit dem Verlust der Realität wird jede Eigenverantwortung obsolet.
Es ist heute unvorstellbar, dass im vorigen Jahrhundert sogar Politik – z.B. in der Aufgabe des Rechnungshofs – Verantwortung zeigte.
Nach dem Krieg wurde der RH abwechselnd von einem roten – einem schwarzen – und einem roten Präsident geführt. Dann begann die Ära der RH-Präsidenten aus dem Dritten Lager. Schwarz-Rot etablierten den politischen Gegner als ihren Kontrolleur!

Es gab politische Usancen, die mit den heutigen „Volksvertretern“ undurchführbar wären.

Die Idee, dass eine (kleine) Oppositionspartei den Buchprüfer der Republik machen soll, war so gut, dass es nach Kandutsch und Broesigke zwei halbherzige Kompromisslösungen brauchte, um sie endgültig zu werfen.

Ich erlebte nur Broesigke live. Alleine seine Auszeichnung, die er als Oppositioneller bekam, sprechen für sich und seine Qualität.

Broesigke war ein Politiker, der heute – in jeder Partei – keine Chance mehr hätte, „etwas zu werden“. Statt Rückgrat muss man und frau heute situationselastische Knochen haben. Er war ein wandelndes Archiv. Sein Gedächtnis war lückenlos. Und er konnte vor allem verknüpfen. Er wusste was geht, was nicht geht, was vielleicht später geht. Er wägte ab. Und nicht nur im Interesse der eigenen Partei oder gar nur der eigenen Person.

Vielleicht sind die damaligen Skrupel auf die 1933/38 bis 1945 gemachten Erfahrungen zurückzuführen; Skrupel, Geld zu verteilen, das (andere) erst verdient müssen.

Gerüchten zur Folge war als sein Nachfolger der damalige Präsident der FLD Wien, N.Ö. und Bgld vorgesehen. Auch dieser war mM verglichen mit den heutigen Spitzenbeamten ein Geistesgigant.
Er, d.h. seine bereits ausgemachte Karriere, soll aber von Haider für das Zustandekommen einer Koalition geopfert worden sein; Fiedler, die personifizierte Integrität, wurde es. Moser war ebenfalls ein idealer Kandidat.

RH-Präsident ist mehr als Akte prüfen lassen.
Wie würden Sie reagieren? Ein fiktives Beispiel: Ein Sparbuch mit einer Einlage von 2 Mio (noch in ATS), die für Kunstförderung vorgesehen ist, verschwindet aus den Aufzeichnungen. Tage später präsentiert ein Staatssekretär ein Sparbuch mit einer frischen Einlage von 1 Mio. Wie das zustande gekommen sei, dass von 2 Mio nur noch eine 1 Mio übrig sei, wisse man nicht. Aber es sei alles in Ordnung. Man hätte damals ein Problem mit einer Bediensteten gehabt. Die sei schon längst gekündigt. Die war Alkoholikerin (hier bitte das Attest) und legte immer falsch ab. Geld kann nicht verschwinden, die Antwort könne vorgelegt werden: Hier in diesem Raum: Irgendwo hier in den zahllosen Schachteln liegt die Antwort, wo, wisse man nicht, aber da man nichts zu verbergen hätte, könne der Prüfer selbst suchen. Nein, helfen könne man leider nicht, der Staat muss sparen, vor allem bei den Personalkosten!
Die Vorstellung, es passiert etwas Ungesetzliches – und die zuständige Behörde würde sofort zu arbeiten beginnen, ist dumm. Es gibt nicht DIE Polizei, die Verbrechen klärt, DIE Finanz, die Steuerhinterziehung klärt – es gibt immer nur Seilschaften, die gegeneinander kämpfen - und ihre eigentliche Arbeit missbrauchen, um die "anderen dumm dastehen zu lassen". Der Widerstand aus den eigenen Reihen ist oft eine höhere Hürde, als der Widerstand der „Übeltäter“. Aber was schwadroniere ich hier. Hier in Österreich, einem Rechtsstaat, sind solche Zustände zum Glück nur fiktiv denkbar, aber real nicht möglich.

Was ich sagen wollte: Moser als gelernter Österreicher wüsste sicher, wie es ginge. Aber so lange die (sichtbare und die namenlose dahinter) Politik bei der Vorstellung, für die Durchführung (denn hier liegt das Problem, bei der Umsetzung; was geschehen muss, wissen alle, strittig ist nur, zu wessen Nachteil) seiner Reformpläne könnte ihm z.B. ein „Heinz Mayer“ (der 2006 kurz als BMfJ im Gespräch war) als Staatssekretär zur Seite gestellt werden, abwechselnd in Panik und in Depression verfällt, wird das Spiel der Sprechpuppen weitergehen.

Broesigkes wird es heute auch noch geben. Aber weil sie ihre Lebensaufgabe nicht im Verhindern von „Sigi Maurer – Skandalen“ sehen, bleiben sie im Schatten der Sprechpuppen verborgen.

Was kümmert uns, dass die da mit dem Cum-Ex oder wie das heißt 30 Mrd oder so "verdient" haben (dagegen nehmen sich die 400 Mio., die Lagarde lässig, äh fahrlässig, veruntreut hat, ja wirklich lächerlich aus).
Die EU will, dass Wien die Türtaferln ändert. Was das kostet. Ah so, die EU will das gar nicht? Der Ludwig will, dass man nicht sofort sieht wer in „seinen“ Gemeindewohnungen wohnt? Is ja eh wurscht! Die sind einfach nur deppert, die mit der EU! 
Deppert vielleicht - reich sicher.

Mit den 30 Cum-Ex-Mrd. könnte jedes Türtaferl in Deutschland aus Gold hergestellt werden. Ah so a Blödsinn, was brauch ma das! Was brauch ma – jetzt hätt ich fast geschrieben: Was brauch ma diese Politik. Davon ist in Zeiten wie diesen aber abzuraten.


Sämtliche Werte einer Gesellschaft auf nazi – nicht nazi zu reduzieren, ist keine Intensivmedizin, das ist Palliativmedizin.


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